Alles deutet auf Verkauf hin

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Stadtwerke — Mehrheit in Hauptausschuss lehnt Entnahme von 5,2 Millionen aus Rücklagen ab – Kämmerer unter Druck

HEPPENHEIM. Aus der geplanten Entnahme von 5,2 Millioner Euro aus den Rücklagen der Stadtwerke zur Rettung des Vermögenshaushalts 2003 wird nichts. Entgegen dem Abstimmungsverhalten im Sozial- und danach im Bauausschuss, wo auch die CDU-Stadtverordneten dem Nachtragshaushalt (und damit indirekt auch der geplanten Rücklagenentnahme) zugestimmt hatten, hat die CDU im Haupt-, Finanz- und Stadtentwicklungsausschuss am Dienstag abend mit GLH, FWHPINI und Koalitionspartner FDP gegen die Rücklagenentnahme gestimmt. Lediglich die SPD stimmte für den Griff in die Rücklagen. CDU-Fraktionschef Peter Lennert machte klar, wohin die Reise geht: Im Magistrat solle man sich Gedanken über über alternative Finanzierungsmöglichkeiten machen, „…….. zum Beispiel über eine Zwischenfinanzierung“. Womit ein Angebot des Bensheimer Versorgungsunternehmens GGEW gemeint sein dürfte, das der Stadt 6 Millionen Euro für die städtischen Areale im geplanten Gewerbegebiet Süd zahlen will.
Stadtkämmerer Gerhard Herbert (SPD) reagierte empört auf den. Überraschungscoup Lennerts, zumal von ihm und seiner Fraktion in der vorhergehenden, rund zweieinhalbstündigen und wortreichen Diskussion wenig zu hören war, was auf die Ablehnung hingedeutet hätte. Aus Herberts Sicht ist damit nicht nur der Haushalt 2003 „kaputt“, auch die Finanzierung der Hessentagsprojekte sei nicht mehr gewährleistet, wahrscheinlich komme er um eine Haushaltssperre nicht herum. Einzige Möglichkeit, den Haushalt jetzt noch zu retten, sei die Aufnahme von Bankkrediten. her einem solchen Schritt aber schwebe „das Damoklesschwert der Ablehnung“ durch die Aufsichtsbehörde.
Rückendeckung erhielt Herbert vom offensichtlich ebenfalls überraschten Bürgermeister Ulrich Obermayr (CDU), der sich vehement dagegen verwahrte, den Nachtragshaushalt von Neuem im Magistrat zu behandeln. Im übrigen, so Obermayr an die Adresse seiner Parteifreunde, könne der Hauptausschuss nicht die Entscheidung aller 37 Stadtverordneten vorwegnehmen. Die tagen am 4. Dezember im Kurfürstensaal.
Greif und Stöcker zweifeln an Gutachten
In der Diskussion hatten sich zuvor vor allem Martin Greif (FWHPINI) und Peter Stöcker (FDP) eingebracht und das Vorgehen des Kämmerers scharf kritisiert. Sie äußerten energisch Zweifel am WIBERA-Gutachten, das die geplante Eigenkapitalentnahme im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften sieht und lieferten sich ein emotional aufgeladenes Rededuell mit dem im Ausschuss anwesenden Gutachter. Dass Stöcker dem Verwaltungsexperten an einer Steile relativ unverbrämt Unfähigkeit vorwarf, sorgte für laute Proteste im Ausschuss. Inhaltlich ging es Stöcker wie Greif vor allem darum, eine „Zäsur“ zu vermeiden: Gehen sie (im Gegensatz zu Gutachter und Verwaltung) doch davon aus, dass vor allem die Rücklagen dafür gesorgt haben, dass die Gebühren über Jahre moderat gehalten werden konnten und dass diese Gebühren künftig steigen, wenn die Rücklagen wie geplant um 5,2 Millionen Euro gekappt werden.
Unterstützung für den Kurs Herberts kam von Gabriele KurzEnsinger (SPD), die die Angelegenheit „ohne Emotionen“ angehen wollte: Angesichts der Haushaltslage sei die Stadt nicht mehr kreditwürdig, also müsse man – weil die Hessentagsprojekte finanziert werden müssen – das Geld anderweitig holen. Die Entnahme der Rücklagen sei ein gangbarer Weg: „In besseren Zeiten haben wir auf das der Stadt zustehende Geld aus Zinserträgen verzichtet, jetzt brauchen wir es“.
Rosemarie Sutholt (GLH) wies darauf hin, dass nicht Herbert allein Schuld am Dilemma trage, sondern CDU und FDP ihr Teil dazu beigetragen hätten: Erst dadurch, dass die Koalition dem Doppelhaushalt 2003/2004 mit der „Luftnummer“ Verkaufseinnahmen (die 5,2 Millionen Euro, die im Vermögenshaushalt für den Verkauf städtischer Grundstücke eingestellt sind) zugestimmt habe, sei es zur jetzigen Situation gekommen. SPD, GLH und FWHPINI hatten im Februar gegen den Haushalt gestimmt.
Nach der Ablehnung der Rücklagenentnahme wollte Stöcker auf die weitere Beratung des Nachrragshaushaltes verzichten: Da ein wichtiger Haushaltsposten (die 5,2 Millionen Euro) nicht zustande komme, sei es wenig sinnvoll fortzufahren. Der Hinweis Herberts, dass man den Nachtrag auch mit Blick auf die Hessentags-Projekte und fällige Zahlungen an beauftragte Firmen unbedingt in der Dezember-Sitzung beschließen müsse, führte zum Einlenken: Der Haushalt sollte ohne den beanstandeten Posten diskutiert werden. …………………………………….      jr