Im Zweifel sollen Bürger entscheiden

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Die SPD berät intensiv über das Wahlprogramm / Paritätisch besetzte Liste mit 19 Frauen

Nahezu paritätisch besetzt mit 19 Frauen und 18 Männern tritt die SPD Heppenheim bei der Kommunalwahl am 6. März 2016 an. Angeführt wird die Liste vom 54 Jahre alten Rechtsanwalt und derzeitigen Fraktionsvorsitzenden Jean Bernd Neumann, gefolgt von Stellvertreterin Andrea Pfeilsticker auf Platz 2, Helmut Bechtel auf 3, Gisela Geiger auf 4 und Michael Eck auf Platz 5.

Spitzenquintett: Jean Bernd Neumann (Mitte) führt die Kommunalwahlliste der Heppenheimer SPD an. Auf den folgenden Plätzen stehen Andrea Pfeilsticker (links), Helmut Bechtel (Zweiter von rechts), Gisela Geiger und Michael Eck. Foto: Karl-Heinz Köppner

Mehr als drei Stunden nahm sich die Heppenheimer SPD am Mittwochabend Zeit, um sich bei der Mitgliederversammlung auf die Kommunalwahl am 6. März 2016 einzustimmen, das Wahlprogramm und die Listen abzustimmen. Während die Wahlen für die mit 19 Frauen und 18 Männern besetzte Liste für die Stadtverordnetenversammlung und die Listen für die Ortsbeiräte ohne Veränderungen mit einzelnen Enthaltungen und Nein-Stimmen schnell abgehandelt wurde, wurde das Wahlprogramm ausführlich diskutiert, ergänzt und umformuliert.

Mit einem klar strukturierten und angriffslustigen Bericht aus der Stadtverordnetenfraktion hatte sich zuvor der Fraktionsvorsitzende Jean Bernd Neumann für die Spitzenposition empfohlen. Vieles, was die CDU als Erfolge für sich reklamiere, beruhe auf überparteilichen, auch von der SPD getragenen Beschlüssen, betonte der 54-Jährige. Als Beispiele nannte er das Gewerbegebiet Süd, die Baugebiete Nibelungenpark, Straße der Heimkehrer, Widmer und Schneidmühle, den Ausbau des Kreiskrankenhauses, den geglückten Umzug der Vitos-Klinik und die Stellungnahme zum Lärmaktionsplan Straße. Es sei ärgerlich, wenn die CDU alles vereinnahme: „Diese Lorbeeren sollten bei allen Stadtverordneten landen“, betonte Neumann.

Andere Dinge habe die Stadtverordnetenversammlung zwar beschlossen; der Magistrat habe dies aber nicht umgesetzt: die Nutzung des Amtshofs als Kulturzentrum, die Entscheidung über die Nibelungensporthalle und die Ausweisung eines Stellplatzes für Wohnmobile. „Arbeitsergebnis null“, rügte Neumann.

Beim gescheiterten Autobahnanschluss Süd habe es sich bitter gerächt, dass die Mehrheit nicht dem SPD-Antrag gefolgt sei, so Neumann: Man habe das Projekt in Absprache mit den Nachbarstädten angehen wollen und den Antrag als Leuchtturmprojekt über die Metropolregion stellen wollen.

Die meisten Positionen in dem 19 Seiten umfassenden Wahlkampfprogramm waren unstrittig. Die SPD will den sozialen Wohnungsbau forcieren, sich für Familien, Kinder, Jugendliche, Behinderte und Senioren engagieren. Im Gegensatz zu den Aussagen von Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) fehlten noch immer Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, betonte der frühere Bürgermeister und SPD-Ortsvereinsvorsitzende Gerhard Herbert. Das habe er an seinem Enkel gesehen, der ein Jahr auf einen Platz habe warten müssen, obwohl es eine Garantie für Kinder ab einem Jahr gebe.

Um den demografischen Wandel und den Zuzug von Flüchtlingen zu meistern, will die SPD eine entsprechende Stelle in der Stadtverwaltung schaffen. Ebenso müsse die offene Jugendarbeit ausgebaut werden.

Sozialer Wohnungsbau, aber nicht im Grünzug

Sozialer Wohnungsbau soll ein Schwerpunkt sein. Hessenweit fehlten 40 000 Wohnungen, davon 1400 im Kreis Bergstraße betonte der Heppenheimer SPD-Landtagsabgeordnete Norbert Schmitt. Das Wahlprogramm sieht eine Zusammenarbeit mit der Wohnbau Bergstraße und der Christophorus Wohnheim eG vor, um günstige Wohnungen zu schaffen. Die Mehrheit war der Auffassung, dass dafür die geplanten Baugebiete reichen. Der Grünzug im Westen solle nicht angetastet werden soll. Neumann listete bis zu 300 Wohneinheiten in der Nordstadt II, 150 in der Gunderslache, 180 auf dem Dreher-Gelände, 150 auf dem ehemaligen Psychiatriegelände westlich der B 3 (alte Gärtnerei) und 70 in der Nordstadt I auf.

Intensiv diskutiert wurde über die Windkraftnutzung. Während sich eine Mehrheit zu Windrädern auf Heppenheimer Gemarkung mit einem möglichen Standort am Kesselberg bekennt, lehnt der Hambacher Andreas Höppener-Fidus Windkraftanlagen in Wäldern generell ab. Man fand eine Kompromissformel, die nun auch Fotovoltaikanlagen nennt. Standorte für Windräder sollten „ernsthaft geprüft“ werden. Beispiele für solche Standorte werden nicht mehr genannt. Generell müsse man aber vorangehen und am Ende bei strittigen Fragen die Bürger entscheiden lassen, forderte Gerhard Herbert.

Die Bürger sollen nach dem Willen der SPD generell mehr eingebunden werden und beispielsweise vor Haushaltsberatungen mitreden sollen, wofür Geld ausgegeben wird. „Bei bedeutenden strittigen Themen befürwortet die SPD einen Bürgerentscheid“, lautet ein neu aufgenommener Passus.

Offen lassen wollen die Sozialdemokraten übrigens, ob künftig ein Erster Stadtrat benötigt wird. Gerhard Herbert sei schließlich auch sechs Jahre ohne ausgekommen, argumentierte Norbert Schmitt für einen Verzicht. Der derzeitige Bürgermeister habe die Verwaltung nicht im Griff und brauche diese Hilfe, widersprachen Neumann und Sonja Guttmann. Damit dürfte auch bereits der Bürgermeisterwahlkampf eröffnet sein, der aber frühestens im Februar 2017 neu gewählt wird.

aus dem Starkenburger Echo vom 06.11.2015