Stadtparlament: Etat für 2008 findet keine Mehrheit – Nur CDU stimmt für das von ihr geänderte Zahlenwerk
HEPPENHEIM. Die Heppenheimer Stadtverordnetenversammlung hat am Donnerstagabend den Haushaltsplan für das nächste Jahr abgelehnt. Nur die CDU stimmte für das vorher von ihr in wesentlichen Teilen geänderte Zahlenwerk. SPD, Grüne Liste Heppenheim (GLH), Freie Wähler / Parkhofinitiative (FWHPINI) und Die Linke votierten dagegen. „Dann sehen wir uns also im nächsten Jahr zu weiteren Haushaltsberatungen wieder“, sagte Stadtverordnetenvorsteher Philipp-Otto Vock (CDU).
Da sich einige der kleinen Fraktionen vorher bei verschiedenen Änderungen des Haushaltsplans enthielten, hatte sich die CDU an zwei Punkten durchgesetzt: zum einen wurde die vom Sozial-, Kultur- und Sportausschuss in den Haushalt geschrieben Stelle für einen Streetworker, der in der Weststadt eingesetzt werden soll, gestrichen. Zum anderen wurden 2,1 Millionen Euro Verkaufserlös aus dem Neubaugebiet Alte Kaute als Einnahmen verbucht, obwohl die der Stadt gehörenden Grundstücke noch nicht verkauft wurden. Im Gesamtpaket fanden diese Änderungen dann keine Mehrheit.
CDU-Fraktionschef Hans-Peter Falter, der von einem „ideen- und fantasielosen Haushaltsentwurf“ sprach, wiederholte die Aussage, seiner Fraktion sei ein Investor bekannt, der noch 2008 das Baugebiet Alte Kaute erschließen wolle, wenn ein gültiger Bebauungsplan vorliege. Sollte das Vorhaben nicht klappen, hat Falter auch schon einen Schuldigen parat: Bürgermeister Gerhard Herbert (SPD). Falter: „Wenn es nicht klappt, ist nur der Bürgermeister schuld.“
„Dieser Trick ist zu durchsichtig“ entgegnete Jean-Bernd Neumann (SPD). „Sie beschließen, dass die Alte Kaute verkauft wird, und der Bürgermeister soll es dann richten.“ Da könne das Parlament auch beschließen, dass der Haushaltsplan für 2008 ausgeglichen zu sein habe und dann den Rathauschef „prügeln“, wenn das nicht möglich ist.
Auch Peter Müller (GLH) ärgerte sich darüber, dass das Fell des Bären verteilt werden soll, bevor dieser erlegt ist. „Da geistert plötzlich ,ein Investor‘ durch die Diskussion, den niemand kennt. Keiner sagt uns, woher die 2,1 Millionen Euro kommen sollen.“ Er fühle sich wie in der Kirche, „wo ich glauben muss“.
Schließlich sei die Alte Kaute schon vor mehr als sieben Jahren vom damaligen SPD-Fraktionschef Hans-Jochen Struwe und dem Ersten Stadtrat Arnold Reiter (CDU) in den Haushaltsplan geschrieben worden. Müller: „Das ist Wahnsinn. Da setzen sich zwei Leute zusammen und zaubern plötzlich ein Neubaugebiet aus dem Hut, damit der Haushalt ausgeglichen ist.“ Die GLH lehne die Bebauung der Alten Kaute aus grundsätzlichen Erwägungen ab. An CDU und SPD gerichtet sagte Müller: „Machen Sie vernünftige Vorschläge, dann finden Sie auch Mehrheiten.“ Am besten sei es, wenn der Haushalt 2008 nicht beschlossen würde.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Gabriele Kurz-Ensinger erklärte, grundsätzlich seien auch die Sozialdemokraten für die Bebauung der Alten Kaute. Doch seien alle Vorhaben, die mit dem Erlös finanziert werden sollen, mit einem Sperrvermerk versehen. Die Empfänger der Wohltaten täten gut daran, sich nicht zu früh zu freuen: „Die Geschenke der CDU fließen erst, wenn die Alte Kaute auch verkauft ist.“ Außerdem stimme die SPD dem Haushalt nur zu, wenn auch der Verwaltungshaushalt mit der neuen Streetworker-Stelle Bestandteil des Zahlenwerks bleibe.
Der Sozialarbeiter mit Einsatzsschwerpunkt Weststadt sei aus Sicht der SPD nötig, „denn die Bürger sollen sich in der Stadt sicher fühlen, was nicht immer der Fall ist“. Auch die CDU habe in einem Antrag im Frühjahr beklagt, dass das Sicherheitsgefühl nicht überall in der Stadt gegeben sei. Sie habe damals mehr Polizeieinsätze an Brennpunkten gefordert, was aber aufgrund der knappen Personaldecke nicht möglich sei. Außerdem mache es keinen Sinn, erst zu handeln, wenn etwas passiert ist. Kurz-Ensinger: „Sicher müssen den Betroffenen Grenzen aufgezeigt werden. Aber die Jugendlichen allein zu lassen und dann, wenn etwas passiert ist, den Knüppel aus dem Sack zu holen, widerspricht allen pädagogischen Erkenntnissen.“
In Richtung CDU sagte sie: „Uns wird von Ihnen vorgeworfen, wir wollten kein Geld für einen Ersten Stadtrat bereitstellen, aber für einen Sozialarbeiter. Genau so ist es.“
Für die Grünen ist dieses Vorhaben laut Müller nur „ein Feigenblatt“, weil der Haushalt ansonsten „sozialpolitisch fantasielos ist“. Stefan Kunz (FWHPINI) sagte, er könne sich mit der Idee eines Straßensozialarbeiters durchaus anfreunden. Dagegen meinte Benjamin Kramer (FDP), dass offenbar das „Jugendcafé B 3“ seine Zielgruppe verfehle. Allerdings gibt es das „Jugendcafé“ schon seit vielen Jahren nicht mehr. In dessen Räumen findet sich mit dem „Havanna-Club“ eine ganz gewöhnliche, kommerzorientierte Cocktailbar.
CDU-Fraktionsgeschäftsführer Matthias Horn bestritt nicht, dass es an manchen Ecken des Hochhausviertels in der Weststadt Probleme gebe. Er appellierte aber an die SPD, ihr Vorhaben „nicht durchzudrücken“. Vielmehr solle sich der Sozialausschuss umfassend mit der Problematik befassen.
Sein Fraktionschef Falter war dagegen rigoros: Angesichts der Haushaltslage könne sich die Stadt keine 60 000 Euro für eine neue Stelle leisten – offenbar auch nicht beim Verkauf der Alten Kaute. Die Probleme, die es gebe, seien „integrative Probleme, wie es sie überall gibt“. Sein Antrag: die Stelle „ersatzlos streichen“. Dafür stimmten zwar nur die 17 CDU-Stadtverordneten. Dagegen aber auch nur die 15 Vertreter der SPD. Die anderen Parteien enthielten sich der Stimme.
Damit war der Haushalt 2008 gekippt.
Aus dem Starkenburger Echo vom 1.12.2007