Schließung verweigert

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Betreuung: Parlamentsmehrheit für Weiterbetrieb des Kettelerkindergartens – Bürgermeister erwägt Widerspruch

HEPPENHEIM. Dieses „Geschenk“ hat Heppenheims Bürgermeister Gerhard Herbert (SPD) sicher nicht erwartet an seinem 52. Geburtstag: Die Stadtverordnetenversammlung hat am Donnerstag Abend einen Antrag des Magistrats zurückgewiesen, nach dem der Kettelerkindergarten geschlossen, die verbliebenen Kinder in den Kindergarten Buntspecht umgesiedelt und die frei werdenden Räume an den Krümelkinderkreis vergeben werden.

Die Abstimmung fiel bei 16 Nein-, 15 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen denkbar knapp aus. Zünglein an der Waage war die CDU: Sie stimmte zur allgemeinen Überraschung mit großer Mehrheit für den Erhalt des Kettelerkindergartens – in den vorausgehenden Ausschusssitzungen hatte sie mit der SPD für die Schließung gestimmt. Bürgermeister Gerhard Herbert denkt jetzt über einen Widerspruch gegen den Parlamentsbeschluss nach.

Zu Beginn der Sitzung im Kurfürstensaal hatte die Vorsitzende des Elternbeirats, Sabine Ehret, eine Unterschriftenliste an Stadtverordnetenvorsteher Philipp-Otto Vock (CDU) übergeben, optisch unterstützt von Müttern und Vätern mit ihren Kindern, die Transparente gegen die Schließung in die Höhe hielten.

Renate Netzer (SPD) begründete das Ja ihrer Fraktion zur Schließung unter anderem mit dem dringenden Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren. Ein Neubau für den Krümelkinderkreis, wie von den Grünen beantragt, sei nicht finanzierbar. Die Einschränkung der Wahlfreiheit für Eltern nannte Rosemarie Sutholt (Grüne Liste) als ein Argument gegen die Schließung. Sie kritisierte auch, dass die Stadt sich aus der Verantwortung stehle, was die Versorgung unter Dreijähriger angehe.

So wie sie erinnerte auch Mechthild Ludwig (CDU) und später Stefan Kunz (FWHPINI) und Benjamin Kramer (FDP) daran, dass es im vergangenen Jahr, als Herbert einen ersten Versuch zur Schließung des Kindergartens gestartet hatte, einen vom Magistrat nie umgesetzten Beschluss des Parlaments gegeben habe. Danach sollte der Kindergarten erhalten, auf zwei Gruppen und für Ganztagsbetreuung erweitert sowie bei fehlenden Anmeldungen auch für Kinder unter drei Jahren genutzt werden. Statt für den Kettelerkindergarten aktiv zu werben habe der Bürgermeister die Angelegenheit bewusst verschleppt und die Anmeldezahlen so gedrückt.

Der Bürgermeister zeigte sich nach dem Abstimmungsergebnis erzürnt über das Verhalten der CDU, deren Fraktionsspitze ihm vor sechs Wochen zugesichert habe, dass eine Mehrheit für den Antrag stehe. Herbert sprach von „blankem Chaos“, das aufgrund der Kehrtwende der CDU drohe: Bis zum neuen Kindergartenjahr Mitte August muss zusätzliches Personal sowohl für den Kindergarten Buntspecht als auch für den Kettelerkindergarten her. Allein in diesem Zusammenhang geht Herbert von Zusatzkosten von rund 100 000 Euro aus. Darüber hinaus, so Herbert, komme der Krümelkinderkreis in die Bredouille, der bereits begonnen habe, zusätzliche Betreuerinnen für die geplante zweite Gruppe zu rekrutieren und über kurz oder lang seine derzeitige Heimstatt an der Darmstädter Straße räumen müsse. Herbert sieht ob seiner gescheiterten Bemühungen „das Wohl der Stadt tangiert“ und will prüfen, ob er Widerspruch gegen die Entscheidung einlegt. Dies hätte dann aufschiebende Wirkung, das Stadtparlament müsste die Geschichte noch einmal neu diskutieren.

Aus dem Starkenburger Echo vom 12.05.2007