SPD: Ex-Kämmerer zur Kasse bitten

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Finanzaffäre Koch – Auf die Stadt kommen mindestens 2,476 Millionen Euro Schulden aus dubiosen Kreditgeschäften zu

HEPPENHEIM. Die sogenannte Finanzaffäre Koch wird ein teurer Spaß für Heppenheim. Nach einem Statusbericht, der inzwischen den Mitgliedern des Akteneinsichtsausschusses vorliegt, kommt auf die Stadt ein „voraussichtlicher Fehlbetrag“ von 2,476 Millionen Euro zu. Derzeit beträgt das Minus sogar 4,422 Millionen Euro, denen aber Außenstände von knapp 2 Millionen Euro gegenüber stehen. Größte Gläubiger der Stadt sind nach dieser Auflistung Grenzach-Wyhlen (3,4 Millionen), der Ortenaukreis (2,5 Millionen) und Eschweiler (3,9 Millionen). Größte Schuldner sind die Stadt Freital (2,3 Millionen), das Bankhaus Oppenheim/Mees Pierson in Luxemburg (1,4 Millionen) und die Frankfurter Sparkasse mit knapp vier Millionen Euro.

Eigentlich sollte am Dienstag abend im Rathaus ein Zwischenbericht vorgelegt und diskutiert werden. Weil es eine Panne bei der Bekanntmachung der Einladung gegeben hatte, musste auf diese Diskussion jedoch verzichtet werden. In den Fraktionen hat man sich angesichts der prekären Situation allerdings längst Gedanken über die Affäre gemacht, und die SPD (die den Akteneinsichtsausschuss vor fast zwei Jahren beantragt hatte) hat inzwischen auch eine Art „inoffiziellen“ Zwischenbericht verfasst. Der übt harsche Kritik an Kämmerei und den während der Geschäftsbeziehungen zu Koch zuständigen Kämmerern Volker Rathje, Anton Röckl, Arnold Reiter und zuletzt Ulrich Obermayr (alle CDU), der als Bürgermeister die Kämmerei mit übernommen hatte.

Für die vom damaligen Amtsleiter der Kämmerei eingefädelten, von 1985 bis 1997 getätigten Geschäfte mit „Finanzjongleur“ Hans-Jürgen Koch, der Dreiecks-Kredit-Geschäfte zwischen Kommunen abgewickelt und erhebliche Summen für sich „abgezweigt“ hatte, habe es weder einen Beschluss des Magistrats noch des Stadtparlaments gegeben. Selbst eine Information der zuständigen Gremien „hielten die politisch Verantwortlichen weder für üblich noch für erforderlich“.

Darüber hinaus, so die SPD in ihrem Bericht, seien die Kreditgeschäfte vom damaligen Amtsleiter sowie dessen Stellvertreter als „sachlich und rechnerisch richtig“ abgezeichnet und von den Kämmerern unterzeichnet worden. Festgestellt werden müsse, dass laut Hessischer Gemeindeordnung „untersagte Bankgeschäfte“ betrieben und „die einfachsten Regeln von Bankgeschäften“ nicht befolgt worden seien.

So sei bei den Kreditgeschäften zu keinem Zeitpunkt ein schriftlicher Vertrag geschlossen worden, Zahlungen an Kommunen und Unternehmen seien „nur auf Telefonate und Faxanweisungen der Firma Koch“ erfolgt und sogar Darlehen aufgenommen worden, um anderen Darlehen gewähren zu können. Moniert wird in dem SPD-Bericht auch, dass zur Abwicklung der Affäre erst spät – nach dem Bundesgerichtshofurteil zur Rückabwicklung der Kredite vom 5. November 2002 – anwaltliche Beratung in Anspruch genommen wurde: „Inwieweit sich hierdurch der Schaden für die Stadt erhöht hat, kann bisher noch nicht abschließend festgestellt werden“.

Martin Greif (FWHPINI) nannte in diesem Zusammenhang gestern einen Betrag bis zu 700 000 Euro, der durch die zögerliche Abwicklung und damit verbundene Verjährungen bei Teilbeträgen entstanden sein könnte. Er befürchtet, dass der Schaden für die Stadt weit höher werden könnte als die derzeit genannten 2,476 Millionen Euro (so sei höchst fraglich, ob die vom Bankhaus Oppenheim zurückgeforderten 1,4 Millionen Euro je aus Luxemburg zurückflössen), und fordert wie die SPD, die verantwortlichen Kämmerer und Amtsleiter in Regress zu nehmen. Nach Abschluss sämtlicher noch anhängiger Verfahren solle man die Herren zur Kasse bitten.    jr

Aus dem Starkenburger Echo vom 03.02.05