Zahlenspiele

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Kommentar von Jürgen Reinhardt

Dass Heppenheims SPD seit Jahren die ,,liebenswerte Kleinstadt“ propagiert und noch im Bürgermeisterwahlkampf 2006 die Einwohnerhöchstgrenze bei 30 000 Einwohnern zog, ist Heppenheims CDU schon lange ein Dorn im Auge. Ebenso wie der SPD-Bürgermeister, dem sie seit dessen Wechsel aus dem Büro des Ersten Stadtrats in das Chefzimmer nur zu gern einen Stellvertreter aus den eigenen Reihen verpasst hätte. Aber ebensowenig, wie es die CDU in den Jahrzehnten satter eigener Mehrheiten und mit den CDU-Bürgermeistern Wilhelm Metzendorf (der bereits Pläne für ein 40 000-Einwohner-Heppenheim schmiedete), Hans Kunz und Ulrich Obermayr geschafft hat, Bensheim, Viernheim oder wenigstens Lampertheim zu überrunden, hat sie es geschafft, einen zweiten Hauptamtlichen (mit CDU-Parteibuch, versteht sich) zu installieren.

 

Eine etwas unglückliche Ausgangssituation also für die CDU, die im nächsten Jahr sowohl die Parlamentsmehrheit als auch den Bürgermeisterposten zurückgewinnen will. Und während die SPD ihren Bürgermeisterkandidaten mit Gerhard Herbert bereits in der Tasche hat und sich auf den Kommunalwahlkampf konzentrieren kann, muss die CDU diesen Kandidaten erst finden und, so er von Außerhalb kommen sollte, bekannt machen. Die Heppenheimer davon zu überzeugen, dass der ,,Neue“ besser und effektiver agiert als der amtierende Bürgermeister, dürfte erhebliche Anstrengungen erfordern.Bis es soweit ist, versucht es die CDU jetzt erst einmal mit politischem Druck und Rechenspielen, die belegen sollen, dass die Heppenheimer den anderen hinterherhinken. Wirklich angsteinflößend sind diese Zahlen allerdings nicht, die nebenbei bemerkt auch etwas widersprüchlich sind: Zum einen heißt es da beispielsweise, dass die Einwohnerzahlen rückläufig und ,,exakt“ auf dem Niveau von 1995, zum anderen, dass sie von 1995 bis 2007 um 0,6 Prozent gestiegen sind. Oder es ist die Rede davon, dass Bensheim seine Beschäftigtenzahl von 1995 bis 2007 um 1191 auf 14 409 habe steigern können, während Heppenheim im gleichen Zeitraum 722 Arbeitsplätze eingebüßt habe und mit 10 211 Jobs ,,weit abgeschlagen“ hinter Bensheim liege. Demnach hatte Heppenheim 1995 also fast 11 000 Arbeitsplätze zu bieten, und auch wenn es jetzt weniger sind, muss man zur Kenntnis nehmen, dass auf knapp zweieinhalb Kreisstädter ein Arbeitsplatz kommt, während jedem Arbeitsplatz in Bensheim knapp drei Einwohner gegenüber stehen. Angesichts der globalen Wirtschaftsentwicklung: So schlecht steht Heppenheim also wohl doch nicht da.Jürgen Semmler und Hans-Peter Falter berufen sich auf Zahlen der Industrie- und Handelskammer, die für die Zeit von 1995 bis 2007 erhoben wurden. In der Zeit zuvor hatte die CDU mit ihren Bürgermeistern das Sagen, nach 1995 konnten auch andere Parteien mitreden, aber der Bürgermeister kam bis vor fünf Jahren mit Ulrich Obermayr weiter aus den Reihen der CDU. Und mehr Arbeitsplätze bedeuten, wie frühere Beispiele deutlich gemacht haben, nicht zwangsläufig mehr Geld im Stadtsäckel. Aber mehr Einwohner bedeuten höhere Ausgaben für die Infrastruktur. Gerhard Herbert jetzt den Schwarzen Peter für die Entwicklung der vergangenen fünfzehn Jahre zuzuschieben und so punkten zu wollen, könnte in die Hose gehen.

Aus dem Starkenburger Echo vom 24. Februar 2010