Heppenheim verlässt als elfte Stadt Kommunalen Schutzschirm

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Die Bergsträßer Kreisstadt hat durch das Landesprogramm 17,6 Millionen Euro Schulden getilgt. Im Kreis ist sie nach Lindenfels die zweite Stadt, die daraus entlassen wird.

Gott sei Dank ist es vorbei“, mit diesen Worten drückte Heppenheims Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) die Erleichterung aus, die die Kreisstadt nach der Entlassung aus dem sogenannten Schutzschirm des Landes Hessen empfindet. Weil die Stadt ein Jahr früher als geplant einen entsprechenden Vertrag erfüllt hat, hat das Land 17,6 Millionen städtischer Schulden auf sich genommen.

Die Darmstädter Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid (Grüne) hatte die Entlassungsurkunde mit ins Rathaus gebracht. Lobende Worte kamen von Finanz-Staatssekretär Martin Worms (parteilos). Im Sitzungssaal war der gesamte Magistrat mit Erster Stadträtin Christine Bender (SPD), Stadtverordnetenvorsteherin Susanne Benyr (CDU) sowie die Mitarbeiter der Finanzabteilung versammelt, die die Entlassung aus dem Schutzschirmvertrag wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk feierten. Benyr sieht im Schuldenabbau einen Beitrag zur Generationengerechtigkeit.

Bürgermeister erinnert an heiße Diskussionen

Burelbach erinnerte an die „heißen Diskussionen“, die vor sechs Jahren der Entscheidung vorausgingen, dem Schutzschirm beizutreten, so wie es 102 hessische Kreise, Städte und Gemeinden getan haben. „Es war die richtige Entscheidung“, sagte er. Auch die Sozialdemokraten hatten mitgestimmt, obwohl sie bis 2016 in der Opposition waren.

FINANZEN


Heppenheim war dem Schutzschirmprogramm am 7. Dezember 2012 beigetreten. Es verpflichtet dazu, in drei aufeinanderfolgenden Jahren ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Das Land hat die Kommunen um 3,2 Milliarden Euro entlastet.

Heppenheim kann zusätzlich mit der Hessenkasse voraussichtlich bis zu 5,1 Millionen Euro investieren, durch das Kommunalinvestitionsprogramm weitere 800 000 Euro. Aus dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA) erhält die Stadt im nächsten Jahr 6,34 Millionen Euro. Sie wurde durch den Schutzschirm des Landes um 17,6 Millionen Euro entschuldet. Der Schuldenstand insgesamt wurde von 56 Millionen auf 20 Millionen (ohne Stadtwerke) zurückgeführt. (ai)


Heppenheim ist die elfte Stadt und nach Lindenfels die zweite im Kreis Bergstraße, die den Schutzschirm verlassen kann. Der Bürgermeister räumte ein, dass es „Rückenwind“ gegeben habe: die gute Konjunktur und niedrige Zinsen. Doch der Erfolg sei auch auf die strukturellen Veränderungen zurückzuführen. So seien die Sachkosten deutlich gesenkt worden. Die Eigenkapitalquote sei gestiegen, sodass neue Entscheidungsspielräume für Investitionen entstanden sei. Mit dem Projekt „Hessenkasse“, das dem Schutzschirm folgt, hat Heppenheim laut Burelbach sämtliche Kassenkredite abgetragen.

Doch der Bürgermeister dämpfte allzu große Euphorie. So sei mit dem Doppelhaushalt für das laufende und das kommende Jahr darauf geachtet worden, dass nur investiert wird, wenn damit kurzfristig Geld gespart werden kann. Als Beispiel nannte der Bürgermeister die neue Software für die Stadtbibliothek, die zwei veraltete Computerprogramme ersetzt und Arbeitszeit einspart. Das Land hat die Schutzschirmkommunen dazu gedrängt, Steuern zu erhöhen. Laut Burelbach blieb Heppenheim mit der Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes von 290 auf 370 Prozentpunkte deutlich unter dem Durchschnittswert aller 22 Städte und Gemeinde des Kreises, der bei 458 Prozentpunkten liegt. Bensheim erhebt 480 Prozentpunkte, Neckarsteinach ist Rekordhalter mit 700 Punkten. Lorsch liegt mit 365 Prozentpunkten leicht Heppenheim. „Die Mitarbeiter haben jeden Cent dreimal umgedreht“, betonte der Bürgermeister.

Staatssekretär Worms erinnerte daran, wie das Land dazu kam, einen Schutzschirm über den hoch verschuldeten Kommunen aufzuspannen. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) war 2010 der Kritik an der Lastenverteilung entgegengekommen. „Haushalte werden in guten Zeiten ruiniert“, sagte Worms. „Eine zentrale Idee war es, diese Regel zu durchbrechen“. Doch die günstigen Rahmenbedingungen – niedrige Zinsen, gute Konjunktur – könnten sich ändern. Trotzdem zeigte sich Worms optimistisch. Kreise, Städte und Gemeinden, die den Schutzschirm in Anspruch genommen haben, verfügten jetzt über eine deutlich solidere finanzielle Basis.

Der Aufsichtsbehörde gehe es nicht darum, den Finger in Wunden zu legen, sondern „den Kommunen als Partner zur Seite zu stehen“, sagte Regierungspräsidentin Lindscheid. Es sei gelungen, „auf einem schwierigen Weg alle mitzunehmen“.

Es wird davon ausgegangen, dass nach Lindenfels und Heppenheim der Kreis Bergstraße sowie Viernheim, Grasellenbach, Lautertal und Hirschhorn in den nächsten Monaten ihre Entlassungsurkunden erhalten.

Aus dem Starkenburger Echo vom 18.12.2018