SPD-Bundestagsabgeordnete Christine Lambrecht nutzt Parlamentsferien, um sich an der Basis zu informieren

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Die Bergsträßer Bundestagsabgeordnete Christine Lambrecht (SPD) kann noch nicht in den Urlaub fahren. Sie muss warten, bis der Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann zurück ist. Als Erste Parlamentarische Geschäftsführerin hat sie dafür zu sorgen, dass die Regierungsfraktion in den Ferien „sprachfähig“ bleibt, wie sie es nennt.

Bundestagsabgeordnete Christine Lambrecht in der Glaskuppel über dem Reichstagsgebäude in Berlin. Als Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion muss sie Rede und Antwort stehen, solange ihr Fraktionsvorsitzender in Urlaub ist. Foto: Stephanie Pilick

Das bizarre Doppelleben der Ex-Fraktionskollegin Petra Hinz war ein solcher Fall, bei dem Lambrecht den Medien ausführlich Rede und Antwort stehen musste. „Sie hat Riesen Bockmist gebaut – das ist nicht zu tolerieren“, sagt Lambrecht über die Frau, die Abitur und Jurastudium offenbar frei erfunden hat.

Sie könne schwer einschätzen, warum es solange gedauert hat, bis das Lügengebäude eingestürzt ist. Möglicherweise lag es daran, dass in einer Großstadt wie Essen die soziale Kontrolle nicht so funktioniert wie in Viernheim, der Heimat von Lambrecht. Ihre Mitbürger und Klassenkameraden könnten bezeugen, dass sie 1984 am Albertus-Magnus-Gymnasium das Abitur bestanden, in Mannheim und Mainz Jura studiert und 1995 das zweite Staatsexamen abgelegt hat.

4,8 Millionen Euro für Kloster Lorsch gut angelegt

Trotz der Turbulenzen in Berlin nutz Christine Lambrecht die sitzungsfreie Zeit, um im eigenen Wahlkreis Organisationen und Einrichtungen zu besuchen. Wie kommt das Geld an, das der Bund zur Verfügung stellt? Was ist umgesetzt? Diesen Fragen kann die Abgeordnete nachgehen, kann sich Zeit nehmen für Gespräche, für die es im laufenden Geschäft kaum Platz im Terminkalender gibt.

Beispiel Kloster Lorsch: Dort hat sie sich beim Welterbeleiter Hermann Schefers darüber informiert, was aus den 4,8 Millionen Euro geworden ist, die aus dem Investitionsprogramm „Nationale Unesco Welterbestätten“ geflossen sind. Bund, Land Hessen und die Stadt Lorsch haben insgesamt 15 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Lambrechts Fazit nach den Gesprächen mit Schefers: gut angelegtes Geld.

In Groß-Rohrheim war die Abgeordnete Gast in der Otto Cosmetic GmbH. Dieses Unternehmen bietet nicht nur 240 Menschen einen Arbeitsplatz. Die Kinder der Mitarbeiter genießen dort eine Ausbildungsplatzgarantie.

Zumindest eine Institution gibt es, über die sich Christine Lambrecht nicht informieren muss: Als stellvertretende Bundesvorsitzende des Fördervereins für das Technische Hilfswerk (THW) – im Frühjahr mit 95 Prozent der Delegiertenstimmen im Amt bestätigt – muss ihr niemand beibringen, welche Rolle diese Organisation spielt. Nicht nur wenn die Erde bebt oder Flüsse über die Ufer treten, sind die Helfer im Einsatz. Lambrecht erinnert daran, dass das THW eine entscheidende Rolle gespielt hat, als es galt, über Nacht Notunterkünfte für Flüchtlinge aufzubauen.

Nach der Bildung einer Großen Koalition im Kreistag blickt Lambrecht als SPD-Unterbezirksvorsitzende zufrieden auf die vergangenen Wochen zurück. „Das war die richtige Entscheidung“, sagt sie. Die SPD habe ihren Gestaltungswillen gezeigt. „Jetzt muss der Koalitionsvertrag mit Leben erfüllt werden.“

Ein entscheidender Schritt wird am Montag, 1. August, getan, wenn der hauptamtliche Kreisbeigeordnete Karsten Krug (SPD) seinen Dienst antritt. Krug bildet mit Landrat Christian Engelhardt und der Ersten Kreisbeigeordneten Diana Stolz (beide CDU) die Verwaltungsspitze. Mit den Bereichen Finanzen, Bauen, Umwelt und Verkehr sowie Soziales verfügt Krug im Dezernat II über vergleichbare Kompetenzen wie die Erste Kreisbeigeordnete. „Für uns war der Titel nicht so wichtig wie die Aufgaben“, sagt die Parteivorsitzende.

Wenn der Schreibtisch leer ist, geht es nach Kuba

Berlin, der Wahlkreis und die Kreispolitik: Bliebe noch die Urlaubsplanung der Abgeordneten Christine Lambrecht mit Ehemann Joachim Hacker und Sohn Alexander. „Wir bewegen uns auf revolutionären Pfaden“, sagte sie im Scherz. Reiseziel ist Kuba. Sie sei gespannt, wie sich das Land entwickelt hat. Doch bis zum Abflug dauert es noch ein paar Tage. „Erst muss ich den Schreibtisch leer arbeiten“, so Lambrecht.

Aus dem Starkenburger Echo vom 28.07.2016