Christine Lambrecht als starke Frau

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SPD-Unterbezirk Bergstraße: Bundestagsabgeordnete übernimmt den Parteivorsitz von Jürgen Dieter

WALD-MICHELBACH. Die SPD Bergstraße wird zum ersten Mal von einer Frau geführt. Der Unterbezirksparteitag hat erwartungsgemäß die Bundestagsabgeordnete Christine Lambrecht zur Vorsitzenden gewählt. Für die 41 Jahre alte Viernheimerin stimmten 91 von 101 Delegierten. (90,1 Prozent). Christine Lambrecht löst Jürgen Dieter (Lampertheim) ab, der elf Jahre lang an der Spitze des SPD-Unterbezirks stand.

Als Stellvertreterin wurde die Landtagsabgeordnete Karin Hartmann (Grasellenbach) wiedergewählt. Den zweiten Stellvertreterposten erhielt der bisherige Kassierer Stefan Ringer (Lindenfels). Er löst Katrin Hechler (Zwingenberg) ab. Die Vorsitzende der Kreistagsfraktion gehört dem Vorstand kraft dieses Amtes an.

In seiner ausgefeilten Abschiedsrede sagte Dieter, der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland sei den Initiativen der SPD zu verdanken, die in den zurückliegenden neun Jahren zunächst in der rot-grünen, seit 2005 in der großen Koalition Verantwortung trägt. Allerdings würden die Leistungen der Sozialdemokraten allzu oft „untergepflügt“.

Der jetzige Koalitionspartner in Berlin verhalte sich wie in einer Rikscha: „Wir Sozialdemokraten ziehen den Karren, und die CDU liegt hinten drin“, sagte Dieter. Der scheidende Vorsitzende appelliert an seine Partei, alles dafür zu tun, damit der Landtagswahlkampf in Hessen erfolgreich geführt werden kann. Dabei komme es darauf an, die eigenen Kandidaten möglichst gut zu unterstützen. Im Gegensatz zur CDU kehre die SPD allzu gerne die Schwächen der eigenen Leute heraus und verschweige deren Stärken.

Dieter forderte den Stromkonzern RWE auf, nach dem Ausstieg aus der Atomenergie Biblis als Energiestandort zu erhalten. Der Konzern trage soziale Verantwortung und Verantwortung für die Region. „Natürlich weiß ich, dass ein Windpark keine zwei Atommeiler ersetzen kann. Aber in Biblis könnten Forschungs- und Versuchsanlagen entstehen“, so der scheidende Vorsitzende.

„Das ist heute personell eine Zäsur“, sagte Dieter im neuen Bürgerhaus von Siedelsbrunn, bevor sich die Delegierten von ihren Plätzen erhoben und applaudierten. Dieter war nicht nur Parteivorsitzender, er hat seine Partei im Landtag, im Kreistag und im Kreisausschuss vertreten, und er war Bürgermeister in Lampertheim. Zwölf Jahre lang war er Vorsitzender der Kreistagsfraktion. Der 52 Jahre alte Jurist ist Direktor des hessischen Städtetags.

Von Zäsur und Kontinuität sprach Christine Lambrecht, als sie ihrem Vorgänger dankte. Während Dieter den Rikscha-Vergleich wählte, sprach sie von den „Trittbrettfahrern“, als sie auf den Koalitionspartner in Berlin einging. Dass die in der Regierungszeit von Rot-Grün verabschiedeten Hartz-IV-Gesetze im Kreis Bergstraße nicht zum Wohl von Langzeitarbeitslosen angewandt würden, dafür machte die Bundestagsabgeordnete Landrat Matthias Wilkes und den scheidenden Ersten Kreisbeigeordneten Jürgen Lehmberg (beide CDU) verantwortlich. „Die hatten kein Konzept, sie haben nur die Backen aufgeblasen“, sagte sie.

Christine Lambrecht verteidigte die Erhöhung des Rentenalters auf 67. Allerdings sei es sei „ein ganz großer Fehler unserer führenden Leute in der Bundesregierung“ gewesen, nicht auf die Vorteile der neuen Regelung hingewiesen zu haben. Außerdem müssten Möglichkeiten für einen flexiblen Eintritt in das Rentenalter geschaffen werden.

Bedauerlich fand die Bundestagsabgeordnete und neue Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Bergstraße die wachsende Distanz zu den Gewerkschaften. Allerdings bilde Hessen eine Ausnahme: In diesem Bundesland arbeiten nach ihrer Einschätzung SPD und Gewerkschaften nach wie vor gut zusammen. In einer Resolution bekräftigte der Parteitag seine Solidarität mit den streikenden Telekom-Mitarbeitern.

Norbert Schmitt, Generalsekretär der hessischen SPD, stimmte auf den Wahlkampf ein. Ziel sein es, Ministerpräsident Roland Koch (CDU) abzulösen. Dass die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti den Energieexperten Hermann Scheer zum Wirtschafts- und Umweltminister ernennen will, zeige, dass es ihr ernst ist mit der angekündigten Energiewende, so Schmitt.

Aus dem Starkenburger Echo vom 04.06.2007